Es war auch eine Freude bei einer “Fidelio”- und “Egmont”-Endprobe mit der Camerata Musica Reno in Bregenz dabei zu sein

Es war auch eine Freude bei einer “Fidelio”- und “Egmont”-Endprobe mit der Camerata Musica Reno in Bregenz dabei zu sein

Mit Musiktheater, nämlich mit Strawinskys „Geschichte vom Soldaten“, ist die Camerata Musica Reno vor gut drei Jahren erstmals vor das Publikum getreten. Nach Produktionen, in denen Musik und Literatur bzw. Musik und Rezitation oder wie zuletzt Kompositionen für Filme mit Erläuterungen von Michael Köhlmeier miteinander verbunden wurden, ist ein Auszug aus Beethovens Oper „Fidelio“ in Kombination zu Beethovens „Egmont“-Musik eine fast logische Folge. 

Was Orchestergründer und -leiter Tobias Grabher hier erneut unternimmt, ist allerdings enorm ambitioniert. 

Ich durfte bei einer Endprobe im Bregenzer Theater Kosmos dabei sein (bevor es noch rasch nach Paris ging, um die „Vestalin“ nicht zu versäumen) und gewann den Eindruck, dass sein mit durchwegs jungen, aus der Region stammenden Musikerinnen und Musikern besetztes Ensemble mit Konzertmeisterin Teresa Wakolbinger diese Herausforderung geradezu gesucht hat.

Das heuer erneut erweiterte Orchester ist gut aufgestellt, wirkt hochmotiviert und bereit, über sich hinauszuwachsen. Die Werkwahl und die Besetzung erfordern es. Dass es Tobias Grabher gelungen ist, mit Jenni Hietala (Leonore und Clärchen), Lukas Schmidt (Florestan) Simonas Strazdas (Rocco) und Ejnar Colak (Don Pizarro) Mitglieder des Wiener Staatsopernstudios zu engagieren, dürfte zudem beflügelt haben. 

Musikjournalist Fritz Jurmann, der für die aktuelle Ausgabe der Zeitschrift für Kultur und Gesellschaft ein Interview mit Tobias Grabher führte, bekundete mir soeben eine begeisternde Premiere erlebt zu haben.

Meine Eindrücke bei der Endprobe: 

Tobias Grabher vereint in sich die Fähigkeiten eines guten jungen Dirigenten sowie sicheren Interpreten und eines Kapellmeisters (also jener ungemein wichtige Person, die neben den etwaigen Generalmusikdirektoren für die Qualität eines Opernorchesters ausschlaggebend ist).

Die Wahl der Werke enthält auch eine gesellschaftspolitische Geste. In „Fidelio“ wie in „Egmont“ ist die weibliche Hauptfigur von Rollenklischees befreit. Leonore setzt ihr Leben aufs Spiel, um ihren Ehemann, den Polithäftling Florestan aus dem Kerker zu befreien, Clärchen nimmt sich für Egmont immerhin an sich dasselbe vor, muss aber aufgrund der politischen Verstrickungen erfolglos bleiben. 

Die Musik von Beethoven zu Goethes Trauerspiel „Egmont“ in der bearbeiteten Textfassung von Grillparzer ist ein Konzertsaalhit. Die Gefahr ist groß, bei den ineinander verwobenen Musik- und Textpassagen Pathos zu erzeugen. Schauspieler und Kosmos-Leiter Hubert Dragaschnig erzählt im ruhigen Duktus, die Musik erwirkt genügend Drama und dass es Tobias Grabher überlegt flott angeht, tut der Produktion gut.

Die junge Sopranistin Jenni Hietala beweist bereits als Clärchen einen voluminösen Stimmumfang mit wunderbar samtenem Timbre, das sie als Leonore inklusive sicherer Höhe zum Leuchten bringen kann. Lukas Schmidt pariert als Florestan unangestrengt und Simonas Strazdas begeistert als kraftvoller Rocco.

Die eigens erstellte Mixtur mit den Nummern aus dem zweiten „Fidelio“-Akt (bis hin zur “namenlosen Freude”) und der 3. Leonoren-Ouvertüre erzeugte jedenfalls schon bei der Endprobe ein spannendes Stück Musiktheater. Und bei aller düsteren Thematik hinterließen das Orchester mit seinem Dirigenten, die Solisten und die sachte Bewegungsregie von Mahour Arbabian einen im besten Sinne erfrischenden Eindruck. 

Christa Dietrich

Nächste Aufführungen: 6. und 7. Juli, 19.30 Uhr, Theater Kosmos, Bregenz

Endprobenszene mit der Camerata Musica Reno unter Tobias Grabher, Jenni Hietala und Hubert Dragaschnig im Theater Kosmos

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