Elisabeth Sobotka und Lotte de Beer bieten Einblicke ins Programm

Elisabeth Sobotka und Lotte de Beer bieten Einblicke ins Programm

Erbärmliche Männerehre in „Ernani“, verheerende Männerbündelei in „Tancredi“ und im Rahmen der Uraufführung von „The Faggots & Their Friends Between Revolutions“ die Feststellung, dass zwar heutzutage viel von Diversität gesprochen wird, dass auch die westliche Gesellschaft aber noch relativ weit davon entfernt ist: Das Programm der Bregenzer Festspiele ist mit den Opernproduktionen auf dem See und im Festspielhaus, den Uraufführungen auf der Werkstattbühne, dem Schauspiel und den Konzerten vielfältig, inhaltlich jedoch sehr kompakt. Und das bleibt auch so.

Beim jüngsten Auftritt in Wien gab Intendantin Elisabeth Sobotka die Opernproduktion des Jahres 2024 bekannt. Auf Verdis „Ernani“, inszeniert von Lotte de Beer, folgt Rossinis 1813 uraufgeführtes Werk „Tancredi“. Regie führt Jan Philipp Gloger. Er ist Schauspieldirektor am Staatstheater in Nürnberg und arbeitet seit Jahren im Bereich des Musiktheaters. Sein „Fliegender Holländer“, den er vor elf Jahren in Bayreuth inszenierte, hatte einige Durchhänger, aber das ist lange her.  Im Vorjahr hat er Mozarts „Le nozze di Figaro“ an der Oper Zürich mit politischer Brisanz vielversprechend aufgemöbelt. „Dass ich eine Schwäche für den tragischen Rossini habe, ist bekannt“, bemerkte Elisabeth Sobotka zu ihrer Wahl. Die musikalische Leitung hat sie einer Frau anvertraut: Yi-Chen Lin dirigiert das Werk. 

Wolfsschlucht im Wasser

Nach „Madame Butterfly“ (die Festspiele bevorzugen die internationale Schreibweise, und nicht das italienische Madama), kommt bekanntermaßen „Der Freischütz“ von Carl Maria von Weber auf die Seebühne. Philipp Stölzl inszeniert nach „Rigoletto“ zum zweiten Mal in Bregenz. Abgesehen davon, dass der Bühnenaufbau auch angesichts des Sanierungsplanes für das Fundament eine Herausforderung darstellt, darf man sich auf eine besondere Wolfsschluchtszene einstellen. Es soll jedenfalls nass werden. 

Und wer sich „Madame Butterfly“ heuer zum zweiten Mal ansieht, der wird nach jetzigem Pegelstand des Bodensees Michael Levines mittlerweile mit einem Opera Award ausgezeichnetes Bühnenbild, diese von Wellen und Wind zerfurchte japanische Zeichnung, so sehen, wie es konzipiert ist, nämlich am unteren Rand leicht vom Wasser umspült. Andreas Homokis Regiekonzept, die Konfrontation einer erstarrten japanischen Kultur zum Ende des Shogunats mit einem Amerika der 1950er-Jahre, ist schon im Premierenjahr aufgegangen. Verändert wird somit so gut wie nichts.

Zu erfahren, dass Elisabeth Sobotka und Lotto de Beer eine Oper schon lange auf ihrem Wunschzettel hatten, nämlich Verdis „Ernani“, erhöht das Interesse an einer auf einem Drama von Victor Hugo basierende, recht vertrackte Geschichte von mehreren Männern und einer Frau, denen höchst fragwürdige Ehrbegriffe im Weg stehen. Sobotka spricht von direkter Drastik, de Beer von „fantastischer Musik, die sich zwischen Buffo und Drama bewegt – genau wie das Leben“.

Nach „Melencolia“ von Brigitta Muntendorf musste neben der ersten Aufführung von „The Faggots & Their Friends Between Revolutions“ von Ted Huffman und Philip Venables im deutschsprachigen Raum heuer wieder einer Uraufführung im Programm sein. Besser ließe sich „Madame Butterfly“ gar nicht ergänzen als mit „Die Judith von Shimoda“ von Fabián Panisello. Der Librettist Juan Lucas bezieht sich auf ein Werk von Yamamoto Yuzo, der wiederum Bertolt Brecht und Hella Wuolijoki inspirierte, die bereits diesen Titel verwendeten. Erzählt wird die Geschichte einer Geisha, die einen gefährlich eskalierenden Konflikt zwischen einem amerikanischen Konsul und den japanischen Behörden beendet, dafür aber bei ihrem Volk in Ungnade fällt. 

Intendantin an der Wiener Volksoper

Übrigens: Lotte de Beer bezieht als Intendantin der Wiener Volksoper konkret Stellung zur Geschichte dieses Hauses. „Lass uns die Welt vergessen“ lautet der Titel eines Projektes, das in der kommenden Spielzeit realisiert wird: „Wir wollten den Eskapismus der Operette mit der knallharten Welt zusammenprallen lassen. Auch aus der Volksoper hatten viele flüchten müssen. Die Diskussion darüber, inwieweit man sagen kann, ,ich bin einfach eine Sängerin, egal ob mein Kollege in große Schwierigkeiten geraten ist’, ist mir sehr wichtig.“

Christa Dietrich

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