Camerata Musica Reno: Ein aufwühlendes Konzertereignis und die Begegnung mit der jungen Musikerinnen- und Musikerelite der Region

Camerata Musica Reno: Ein aufwühlendes Konzertereignis und die Begegnung mit der jungen Musikerinnen- und Musikerelite der Region

Will man nicht ohnehin aus dem großen Repertoire der Sakralmusik und der Oratorien schöpfen, so war es ein Programm, das in die Zeit passt wie kaum ein anderes: Mit „Siegfrieds Rheinfahrt“ aus der „Götterdämmerung“, dem „Karfreitagszauber“ aus der Oper „Parsifal“ und dem „Siegfried-Idyll“ trat das junge Kammerorchester Camerata Musica Reno unter der Leitung von Tobias Grabher am Osterwochenende vor das Publikum. Der Schriftsteller Michael Köhlmeier ergänzte die Werke von Richard Wagner mit einer eigenschöpferischen Nacherzählung des Nibelungenliedes.

Drei ausverkaufte Konzerte im Bregenzer Theater Kosmos sind als Statement des Publikums zu werten, das Anspruchsvolles ebenso schätzt wie die Begegnung mit der jungen Musikerinnen- und Musikerelite in der Region. Diese hatte der noch in der Ausbildung stehende, aber bereits erfahrene Dirigent Tobias Grabher (geb. 1977 in Bregenz) bei der Orchestergründung vor zwei Jahren gebündelt. Namen wie etwa David Kessler (Violine), Laura Moosbrugger (Flöte), Anna Eberle (Oboe), Aline Maurer (Fagott), Marcel Üstün (Horn), Severin Keller (Posaune), Fridolin Schöbi (Bratsche), Hannah Eberle (Cello) und Friedrich Wocher (Kontrabass), um nur einige zu nennen, dokumentieren sein Engagement sowie die Attraktivität dieser Projekte. Es handelt sich schließlich um Künstlerinnen und Künstler, die bereits einige entscheidende Hürden in ihrer Laufbahn bewältigt haben und die Proben sowie die Auftritte mit Grabher als bereichernd empfinden. Schon im Frühsommer ist ein weiteres Projekt mit der Camerata Musica Reno geplant. Bis zur Etablierung als international bekanntes Kammerorchester ist es noch ein weiter Weg, aber das nun Miterlebte nährt die Zuversicht.

Es zeichnet dieses Kammerorchester zudem aus, dass es im Vorarlberger Richard-Wagner-Verband, dem zahlreiche Musikexperten angehören, wertvolle Unterstützter für dieses Projekt fand. Tobias Grabher zählt zu den Preisträgern des Verbandes, der jährlich ein Stipendium vergibt.

Faszinierende Bearbeitungen einzelner Werke von Richard Wagner

Das im Zentrum des Ablaufs stehende „Siegfried-Idyll“ ist das einzige für Kammerorchester geschriebene Werk in diesem Programm. Bei der Streicherbesetzung wird oftmals (entgegen Wagners Vorgaben) noch wesentlich reichhaltiger aufgetragen als es Tobias Grabher nun möglich ist. Aber auch dem an derlei Aufnahmen gewöhntes Publikum dürfte die Umstellung leicht gefallen sein, Tobias Grabher entlockt seinen Streichern gleich beim lyrischen Thema eine feine Farbigkeit, die sich in der Motivbehandlung und in den lupenreinen Bläsereinsätzen sowie dem markanten Horn fortsetzt. 

Für die beiden anderen Werke konnte sich der Dirigent entscheiden, weil er im britischen Komponisten und Arrangeur Iain Farrington einen Künstler ausfindig machte, dessen Bearbeitungen unter Experten auf große Beachtung stießen. Und siehe da, Wagners mächtigen Orchesterzauber hat man nicht vermisst, war doch der Klang jedes einzelnen Instrumentes mehr als nur eine Entschädigung. „Siegfrieds Rheinfahrt“ erlebte man wie eine Begegnung mit jedem einzelnen Instrument. Grabher ließ diesen Spannungsreichtum, der durch die Motivbehandlung noch erhöht wird, souverän auskosten und konnte darauf vertrauen, dass seine Streicher so konzentriert spielen, dass sich ein satter Tonfall ergibt. Beim „Karfreitagszauber“ wiederholte sich dieser Effekt. Obwohl dies die etwas schwächere Bearbeitung von Iain Farrington ist, blieb die Dynamik sowie die Entwicklung der Bilder faszinierend erfahrbar. Insgesamt war es ein aufwühlendes Erlebnis. 

Michael Köhlmeier als Nacherzähler des Nibelungenliedes

Es hätte auch gut gepasst, wenn Michael Köhlmeier die Handlung des „Ring des Nibelungen“ nacherzählt. Für seine vier Opern verwendete Richard Wagner ja nur einige Figuren und Motive aus dem Nibelungenlied. Da Handschriften von diesem mittelalterlichen Heldenepos in der Region (u. a. in Hohenems) gefunden wurden, ergibt sich eine weitere Bestätigung für die Auswahl. Zudem ist Köhlmeier eine informative und unterhaltsame Erzählform eigen, die das Heldentum mit Witz und Esprit hinterfragt und den Zauber der Liebe gelten lässt. Wer den Inhalt von Wagner-Opern mit einigen fragwürdigen Frauenfiguren kennt, hat es zudem genossen, wie pointiert der bekannte Schriftsteller und Rezitator besonders die Beweggründe der Reaktionen von Brünhild und Kriemhild unterstreicht. 

Übrigens: Wer sich demnächst die gesamte Übertragung der Krönung von Charles III. in London gönnt, hört Neues von Iain Farrington. Der Brite erhielt nämlich einen Kompositionsauftrag für die Feierlichkeiten.

Christa Dietrich

Bildnachweis: Camerata Musica Reno

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