Martin K.’s Abschied oder “Der Menschenfeind” bei den Festspielen

Martin K.’s Abschied oder “Der Menschenfeind” bei den Festspielen

Es ist jedenfalls eine Komödie, die Martin Kusej mit Molières „Der Menschenfeind“ inszenierte. Die Produktion, mit der der Noch-Direktor des Burgtheaters seit der Premiere im November letzten Jahres den Wienern bzw. den Heuchlern und Intriganten den Spiegel vorhält, haben sich die Bregenzer Festspiele für das Osterwochenende eingekauft. Voll besetztes Parkett mit sich spiegelnden Zuschauerrängen am Samstagabend, viel Applaus für das Dickaufgetragene auch hier. Für die zugefügten, unsaubere Politik attackierenden Textpassagen. Molières Alceste stellt sich gar als Martin K. über die versnobte Gesellschaft. Hat er sie nicht auch bedient? In Gülle badet sich der Gekränkte – bei Molière von Célimène Abgewiesene. Selbstmitleid? Die Komödie machts erträglich, witzig, unterhaltend . . . Am Ostersonntag noch einmal in Bregenz und dann wieder in Wien.

Ich kenne Inszenierungen von Martin Kusej im Übrigen seit er vor Jahrzehnten an der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz in Berlin bei “Richard III.” ein Gemetzel veranstaltete, das das Publikum in Abwandlung zum Text nach “ein Königreich für einen Notausgang” riefen ließ. Was für den “Martin K.” des Burgtheaters somit ein Abschied ist, sollte es bei den Bregenzer Festspielen nicht sein. Ein großartiges Coup war es, das Burgtheater mit Shakespeares “Richard II.” zu Ostern 2021 nach Vorarlberg zu holen. Nur hier durften sich die Theatervorhänge heben, den Wienern wurde damals noch Pandemie-Stille verordnet. Bregenz kam damit sogar zu einer Premiere, die das Burgtheater seit den letzten Jahrzehnten nur den Salzburger Festspielen gewährt – oder, die sich nur diese leisten können. Danach folgten Gastspiele jüngerer Produktionen: 2022 war es “Die geschlossene Gesellschaft” von Sartre, 2023 “Die gefesselte Phantasie” von Ferdinand Raimund und nun, 2024, “Der Menschenfeind”.

Übrigens bei so viel Gesellschaftsschelte à la Molière dürfte es den Verantwortlichen bei den Festspielen sowie beim Burgtheater entgangen sein, dass sie das Fußvolk mit einem delikaten Hinweis (siehe Bild) von der Gastspiel-Premierenfeier fern hielten.

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