Theater Kosmos widmet sich dem Fortdauern rechtsextremer  Ideologie

Theater Kosmos widmet sich dem Fortdauern rechtsextremer  Ideologie

Mit der Uraufführung des Stücks „Die Erwachsenen“ von Irene Diwiak konfrontiert das Bregenzer Theater Kosmos mit erschreckenden Tatsachen. Meine Rezension erhielt die Austria Presse Agentur (APA). Hier eine Zusammenfassung der wichtigsten Punkte.

Der Schriftstellerin Irene Diwiak, geb. 1991 in Graz, wurde vor einem Jahr für „Die Erwachsenen“ der zweite Preis bei einem jener Dramenwettbewerbe zuerkannt, die Augustin Jagg und Hubert Dragaschnig als Leiter des Theaters Kosmos bereits mehrmals ausgeschrieben haben. In diesem Fall war kein Thema vorgegeben, die Ausschreibung erfolgte jedoch im Gedenken an den 2016 verstorbenen Autor, Konzeptkünstler und Lehrer Ingo Springenschmid und seine 2020 verstorbene, ebenfalls als Pädagogin tätig gewesene Frau Ingeborg. Beide sind in Vorarlberg als Persönlichkeiten in Erinnerung, die sich auch über die Lehrpläne hinaus um die kulturelle Bildung junger Menschen bemühten.

Irene Diwiak ist mit dem Roman „Liebwies“ bekannt geworden. Das zuletzt erschienene Werk „Sag Alex, er soll nicht auf mich warten“ thematisiert die Gründung der Widerstandsgruppe „Weiße Rose“. Ihr Theaterstück „Die Isländerin” wurde vor wenigen Jahren bei den Nibelungenfestspielen in Worms uraufgeführt und beschäftigt sich mit einem aufschlussreichen, literarischer Freiheit entsprungenen Aspekt, nämlich mit Ressentiments gegen König Gunthers ausländischer Frau Brunhild. Zwei Personen aus dem Nibelungenlied finden auch in „Die Erwachsenen“ Erwähnung, Siegfried als Synonym für vorbildliche Stärke und Hagen von Tronje als Feind, als Codewort für die Exekutive, vor der jene Aktionen, Lieder und Fahnen geheimgehalten werden mussten, die in der Kindheit von Thore und Swintha allgegenwärtig waren. Existieren konnte sie somit, jene sektenähnliche Dorfgemeinschaft, in der völkisches Gedankengut und Rechtsextremismus den Alltag bestimmen. Sabine Lorenz, die bereits bei Kosmos tätig gewesene Schauspielerin und Regisseurin hat die Inszenierung von „Die Erwachsenen“ im Kosmodrom übernommen. Es handelt sich bei diesem Podium um die kleine, jungen Theaterschaffenden vorbehaltenen Bühne dieses Hauses, das sich vorwiegend neuer Theaterliteratur widmet.

Im Folgenden eine Zusammenfassung dessen, was ihr neben der Straffung des Textes sehr gut gelungen ist.

  • Die Motivation der Eltern zum Mitwirken am Fortgedeihen des faschistischen Fanatismus in dem nicht weiter benannten deutschen Ort, führt Irene Diwiak in ihrem Stück nicht aus. Das macht die Handlung wie auch die drei Figuren, nämlich Swintha, ihren Bruder Thore und dessen Frau Theresa, etwas plakativ und stellt sich als Herausforderung für die Inszenierung dar. Man erfährt lediglich, dass Swintha schon als Teenager aufbegehrte. Indem sie Thore nach Jahren der Trennung besucht und dazu bringt, vom Tod des kleinen Bruders Friedo zu erzählen, will sie auch bei ihm Reflexionsarbeit und Verantwortungsbewusstsein bewirken. Lorenz lässt den Schauspieler Boris Schumm bei der Erzählung vom einstigen Wettlauf der radikalisierten Jugendlichen im verschneiten Wald anschaulich in Selbsterhöhungsfantasien schlittern. Dass der damals zur Last gewordene kleine, schwache Bruder keine Hilfe von ihm erfuhr, liegenblieb und erfror, diese Schuld wird von ihm allerdings nach wie vor verdrängt. Katharina Dalichau bringt als Swintha gut zum Ausdruck, dass bei Thore wenig Aufarbeitung passiert. Caroline M. Hochfelner spielt jene Theresa, die als Heimkind aufgewachsen ist und bei Thore Zuflucht und die ihr deshalb wichtige Familie fand, so, dass man ihr mehr Erkenntnisvermögen zutraut als der Text zu offenbaren vermag. 

Wer von der Anwesenheit der Autorin zu profitieren trachtete, erfuhr nach der Uraufführung, dass sich Irene Diwiak bei dieser Arbeit vom 2017 erschienenen Roman „Ein deutsches Mädchen“ der ehemaligen Rechtsextremistin Heidi Benneckenstein inspirieren ließ. 

Die Uraufführung von „Die Erwachsenen“ entspricht der Erfordernis, dass sich Bühnenliteratur auch lange nach Stücken wie „Vor dem Ruhestand“ von Thomas Bernhard, uraufgeführt 1979 in Stuttgart, differenziert mit dem Fortdauern rechtsextremer Ideologie befasst.

Weitere Termine im Theater Kosmos in Bregenz am 24., 25. und 26. Jänner, jeweils 20 Uhr.

Im Bild: Die Schauspielerinnen Caroline M. Hochfelner und Katharina Dalichau, Bühnenbildnerin Mandy Hanke, Schriftstellerin Irene Diwiak, Regisseurin Sabine Lorenz und Schauspieler Boris Schumm.

Christa Dietrich

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