Viel mehr als eine Ausstellung: Mauthausen-Projekt im Vorarlberg Museum

Viel mehr als eine Ausstellung: Mauthausen-Projekt im Vorarlberg Museum

Es war eine gute Entscheidung, die Ausstellung „M 48° 15′ 24.13″ N, 14° 30′ 6.31″ E“ im Vorarlberg Museum bzw. die Präsentation eines der umfangreichsten Projekte des Vorarlberger Künstlers Marko Zink nicht mit einer Vernissage zu eröffnen, sondern am 27. Jänner, somit am Internationalen Holocaust-Gedenktag, einen Thementag anzubieten. Marko Zink (geb. 1975 in Gaschurn und seit Jahren in Wien lebend) war bei Führungen für Schülerinnen und Schülern anwesend und lieferte im Rahmen einer Diskussion wichtige Denkanstöße. 

Die Werke von Marko Zink thematisieren das Erinnern und stellen zugleich die Frage, wie Erinnern möglich wird bzw. verweisen auf die Komplexität der Mahn-, Denkmal- und Gedenkstättengestaltung. Mindestens 90.000 Menschen sind im Vernichtungslager der Nationalsozialisten im oberösterreichischen Ort Mauthausen ermordet worden. 

Die Visualisierung der Auslöschung sowie die zeitliche Distanz zwischen der NS-Diktatur in Österreich (1938-1945) und der Gegenwart sind wichtige Aspekte der Fotoarbeiten. Zink setzt auf das Medium der analogen Fotografie, die verwendeten Filme werden gekocht, mit Chemikalien behandelt oder gestanzt. Die Abzüge folgen keinem intendierten Narrativ, ein Sichtbarmachen, das vielschichtige Assoziationen zulässt, wird erkennbar. Barbara Glück, Direktorin der KZ-Gedenkstätte, hat die Arbeiten vor einigen Jahren für eine Ausstellung nach Mauthausen geholt. Mittlerweile waren sie an verschiedenen Orten zu sehen. Weitere werden folgen. 

Es stünde dem Vorarlberg Museum gut an, die Serie aufzukaufen, um sie dann als Leihgabe zur Verfügung stellen  zu können. 

An Morden beteiligte Zivilisten

Ein mehrteiliges Werk von Marko Zink zeigt die KZ-Baracken in Mauthausen aus der Distanz und thematisiert eines der grausamen Kriegsverbrechen in Österreich. Die Negative wurden so bearbeitet, dass eine Art Einschusslöcher sichtbar werden. Im Februar 1945 unternahmen etwa 500 Häftlinge einen Fluchtversuch. Etwa 300 gelang es, dem Kugelhagel des Wachpersonals zu entkommen, bis auf sehr wenige Personen kamen aber alle bei der von der Lagerleitung ausgerufenen „Menschenjagd“ ums Leben, an der sich auch zahlreiche Zivilisten beteiligten.

Vermittlungs- und Bildungsarbeit in Gefahr

Den Ausstellungstitel „M 48° 15′ 24.13″ N, 14° 30′ 6.31″ E“ bezieht Marko Zink auf die Koordinaten von Mauthausen. Im Vorarlberg Museum ist sie bis Mitte April zu sehen. Die Präsentation der Arbeiten in den USA ist in Planung. Bemerkenswert bleiben die Aussagen des Künstlers im Rahmen des Thementages zur Kulturpolitik in Österreich bzw. Vorarlberg, wo das Kulturbudget für das Jahr 2023 nur derart geringfügig erhöht wurde, dass angesichts der Inflation von massiven Kürzungen zu sprechen ist.

Dass derartige Entscheidungen auch generell negative Auswirkungen auf die wichtige Vermittlungs- und Bildungsarbeit der Kulturinstitutionen haben, lässt sich ausrechnen. 

Auch Themenschwerpunkt im Theater und im Kunsthaus

Das Vorarlberg Museum ist eine Institution der Kulturhäuser Betriebsgesellschaft (Kuges). Ihr gehören auch das Kunsthaus Bregenz und das Vorarlberger Landestheater an. Am erwähnten Thementag nicht deutlich vernehmbar auf „Wunsch und Widerstand“, der am 11. Februar dort angesetzten Uraufführung zum Schicksal des Vorarlberger Schriftstellers, Juristen, bildenden Künstlers und KZ-Überlebenden Max Riccabona verwiesen zu haben, ist allerdings ein Versäumnis der Kuges-Leitung. Riccabona durchlitt einige Jahre als politischer Häftling im KZ-Dachau. 

Auch die Ausstellung im Kunsthaus wäre in diesem Rahmen deutlicher zu thematisieren gewesen. Hier wird seit Oktober letzten Jahres (und noch bis 19. Februar) das Werk der ägyptisch-kanadischen Künstlerin Anna Boghiguian gezeigt. In ihrer Installation widmet sie sich Personen aus der europäischen Geschichte. Das sind sowohl Marie Antoinette, die als Erzherzogin von Österreich an den französischen Thronfolger verschachert wurde, als auch der Schriftsteller Stefan Zweig, der vor den Nationalsozialisten nach Brasilien floh. Den erschütterndsten Part ihrer zeichnerischen Erzählung nimmt Aribert Heim ein. Der Österreicher war Lagerarzt im KZ Mauthausen, wo er Hunderte Menschen ermordete bzw. an ihnen grausame medizinische Versuche durchführte. Nach 1945 wohnte Heim jahrelang in Deutschland und war wiederum als Arzt tätig. Als dann doch noch nach ihm gefahndet wurde, setzte er sich nach Kairo ab, wo er bis zu seinem Tod unbehelligt lebte.

Christa Dietrich

Kommentare sind geschlossen.