Art Brut kam auf besonderem Weg ins Vorarlberg Museum

Art Brut kam auf besonderem Weg ins Vorarlberg Museum

Am 23. Februar wird Harald Gfader im Rahmen der Ausstellung „Direkt!“ mit Kuratorin Kathrin Dünser sprechen. Der bekannte Vorarlberger Künstler und Initiator vieler Projekte ist auch Impulsgeber einer Sammlung mit Werken von Künstlerinnen und Künstlern mit Behinderung oder Unterstützungsbedarf. Gfader arbeitet seit vielen Jahren mit solchen Künstlerinnen und Künstlern, sprach stets von einer bereichernden Tätigkeit und hat sich ein Expertenwissen angeeignet.

Interessante Vorgeschichte

Als das Vorarlberg Museum, ehemals Landesmuseum, im Jahr 2013 ausgebaut wiedereröffnet wurde, starteten die Vorarlberger Nachrichten in Absprache mit dieser Institution eine Serie, in deren Rahmen zur Partizipation aufgerufen wurde. Leserinnen und Leser konnten mitteilen, was ihnen im Museum abgeht bzw. welche Themen behandelt werden sollten und welche Themenbereiche in der Sammlung nicht berücksichtigt sind. Harald Gfader machte in diesem Rahmen darauf aufmerksam, dass Art Brut in der Sammlung weitgehend fehlt, obwohl in Vorarlberg zahlreiche Künstlerinnen und Künstler mit besonderem Unterstützungsbedarf tätig waren und tätig sind, deren Arbeiten dokumentiert werden sollten. Dieser Beitrag wurde veröffentlicht. Etwa ein Jahr später wurde Harald Gfader damit beauftragt, eine Liste mit Werken zu erstellen, mit denen eine Sammlung aufgebaut werden kann. Dies wurde von der Museumsleitung im Jahr 2015 der Öffentlichkeit mitgeteilt. 

Es war abzusehen, dass es eine Zeitlang dauern wird, bis das Museum diese Arbeiten und weitere Ankäufe in einer Ausstellung zeigt. Nun ist es so weit. Der Entscheidung, sie im Atrium des Hauses bei freiem Eintritt zugänglich zu machen, ist zuzustimmen. Die Aufbereitung ist informativ, die erklärenden Texte wie der Titel bekunden das Engagement der Kuratorin.

Es ist immer wieder erstaunlich wie direkt diese Kunstwerke auf die Betrachterinnen und Betrachter wirken. 

Enorme Suggestivkraft

Die Zeichnungen von Daniel Nesensohn entwickeln beispielsweise eine enorme Suggestivkraft. Abstrakte Ballungen oder auch ein Blick in die Weite aus besonderer Perspektive werden erfahrbar. Lukas Moll schafft mit wenigen Strichen Wesen, die fast in Bewegung zu geraten scheinen. Savas Kilinc lässt in eine Fantasy-Welt voller Abenteuer eintauchen. Bei Helga Nagel erhalten solche Geschichten viel Farbe und Bezüge zum Eingebundensein der Menschen in die Natur. Die zarten Bleistiftzeichnungen von Häusern von Engelbert Bertel und Irmgard Welte, die minimalistischen Arbeiten von Annette Fritsch sowie die Figuren von Elfriede Höller entsprechen Kompositionen, in denen unbewusst Bildsprachen der Kunst des 20. Jahrhunderts einfließen.

Weiteres sind Uwe Filzmoser, Christian Nachbaur, Robert Nussbaumer, Stefan Riedmann, Michael Sahler, Ludwig Wagner, WolfGeorg und Leon Wust mit Werken vertreten. Sie belegen, dass es höchst an der Zeit war, sich in Vorarlberg der Art Brut zu widmen. 

Partizipation

Dass Werke in der Sammlung sind, die von anonym bleibenden Inhaftierten der Justizvollzugsanstalt in Feldkirch geschaffen wurden, verweist auf ein gesellschaftspolitisches Engagement bzw. einen weiteren partizipatorischen Ansatz, dem der Grafiker Reinhold Luger, der Anwalt Günther Hagen, der Kulturarbeiter Franz Bertel und der Künstler und Grafiker Josef Hanser bereits in den 1970er-Jahren folgten.

Die Ausstellung ist bis 11. Juni dieses Jahres zu sehen.

Christa Dietrich

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