Von besonderer Relevanz: “Schöner Wohnen” von Uwe Jäntsch

Von besonderer Relevanz: “Schöner Wohnen” von Uwe Jäntsch

Ein Dach über dem Kopf zu haben, zählt zu den Grundbedürfnissen der Menschen. Anthropologen wissen, ab wann es nicht mehr genügte, dem Säbelzahntiger zu entkommen. Das heißt, wann sie begonnen haben, mehr Wohnraum, Kleidung und Nahrung anzuschaffen, als sie benötigten bzw. ab wann die Menge und die Art des Besitzes den Status einer Person symbolisierte. Vermutlich sehr früh in der Menschheitsgeschichte. Etwas später bedienten sich einige eifrig an der Möglichkeit, so viele Dächer für sich anzuhäufen, dass vielen keines mehr blieb.

Daran muss ich denken, wenn ich das Buch „Schöner Wohnen“ von Uwe Jäntsch in die Hand nehme. Der in Vorarlberg aufgewachsene Künstler (geboren 1970 in Wasserburg) hat es jüngst als „Wirtschaftsmalbuch“ präsentiert. An sich sind es über 20 bildnerische Arbeiten, die an frühere Rauminstallationen anknüpfen. Vor gut einem Jahr funktionierte er den Kunstraum Kollektiv in der Bregenzer Maurachgasse zum Immobilienbüro um. Dass das Anlegen in Betongold nicht nur den Wohnungsmarkt beeinträchtigt, sondern auch die Qualität der Architektur, weiß man. Spekuliert wird dennoch. Abgerissen auch. Auch wer dem Wiederaufbau des Frankfurter Altstadtviertels nach historischen Aufnahmen kritisch gegenübersteht, darf sich fragen, ob das charmante Haus Am Brand in Bregenz, das Uwe Jäntsch noch kurz vor dem Einsatz der Abrissbirne mit Blumenranken überzog, unbedingt einem glatten Büro- und Wohnblock weichen musste.

Der Künstler ist nicht Träumer, er übt nicht einfach Kapitalismuskritik. Ich kenne die Arbeiten, seit er vor Jahrzehnten in Bregenz mit Jugendlichen eine Unterführung bemalte, Partizipation anbot, die ihm nach wie vor ein Anliegen ist. Das war noch bevor er in Palermo sein subversives Potenzial bewies, bevor die Arbeiten international rezipiert wurden und ein Engagement für ein offizielles Rahmenprojekt bei der Biennale in Venedig folgte. „By Stephen King“, heißt es auf dem Titel des „Schöner Wohnen“-Buches, erst auf der letzten Seite taucht der Name Uwe Jäntsch auf.

Suspense, nicht Horror

Es ist Suspense, nicht Horror, wenn Gott in dieser Bilderbuchgeschichte Geld bzw. Edelsteine auf die Erde regnen lässt und ein Bürgermeister am Ende verprügelt wird. Seine Gattin hatte sich angesichts des zu erwartenden Reichtums eine neue Waschmaschine bestellt. Wie bieder ist das denn? Doch die Holde brennt dann ohnehin mit dem auftauchenden King durch und die Bilder mit den Wohnhauswürfeln samt jeweiliger Box für die Nobelkarossen, mit Skiliftbergen und Sonnenuntergängen erhalten viele Schichten, viele Erzählebenen, berühren philosophische, psychologische und ökonomische Themen, die Jäntsch auch mit der Farb- und Schrifttypwahl anschlägt. 

Der international erfolgreiche, aus Bregenz stammende Designer Stefan Sagmeister hat mit seinem Ausstellungsprojekt „Beauty“ (das in Wien gestartet wurde und heuer endlich im Vorarlberg Museum gelandet ist) Denkanstöße geliefert. Uwe Jäntsch ergänzt diese mit weiteren Aspekten, die im Land von besonderer Relevanz sind.

Übrigens: Wer einer Arbeit von Uwe Jäntsch im öffentlichen Raum begegnen will, fährt nach Schwarzenberg und betritt das Tanzhaus im Dorfzentrum. Erzählt wird von der Geschichte und Gegenwart des Ortes.

Christa Dietrich

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