Zum Kunst- und Kulturpreis für das Frauenmuseum Hittisau, das Ensemble plus und Vivienne Causemann

Zum Kunst- und Kulturpreis für das Frauenmuseum Hittisau, das Ensemble plus und Vivienne Causemann

Um herausragende Leistungen zu würdigen, haben die Vorarlberger Nachrichten in Kooperation mit der Wiener Städtischen Versicherung Vorarlberg heuer erstmals einen Kunst- und Kulturpreis ausgelobt. Mit einem Preisgeld von 20.000 Euro, aufgeteilt in einen Hauptpreis in der Höhe von 12.000 Euro und zwei Anerkennungspreisen in der Höhe von je 4000 Euro zählt er zu den höchstdotierten Kunstpreisen in Vorarlberg. Vergeben wird er an Künstlerinnen und Künstler aller Bereiche sowie für Kunstvermittlung. 

Jurybesetzung

Ist der Preis für alle Bereiche von Kunst und Kultur sowie für Kunstvermittlung ausgeschrieben, so ist das für die Jury und die Jurybesetzung eine besondere Herausforderung. Notwendig sind herausragende Experten in den jeweiligen Bereichen mit einem entsprechenden Portfolio. Sie müssen zudem politisch unabhängig sein und umfassende Kenntnis über das kulturelle Geschehen im Land haben.

Als Kulturjournalistin, Projektleiterin und Jurymitglied konnte ich Anika Reichwald (Literatur- und Kulturwissenschaftlerin, Kuratorin historisch-wissenschaftlicher Ausstellungen und Autorin), Brigitta Soraperra (Theaterwissenschaftlerin, Regisseurin, Dramaturgin und freischaffende Kulturarbeiterin), Rudolf Sagmeister (Kunsthistoriker, Ausstellungskurator, ehemals Chefkurator des Kunsthaus Bregenz und Publizist) sowie Peter Heiler (Musikpädagoge, Konzertkurator und u. a. ehemaliger Geschäftsführer des Vorarlberger Musikschulwerks sowie Vorsitzender von Musikwettbewerben) für die Aufgabe ins Juryteam holen.

Es wurden seit März mehrere Jurysitzungen in zeitlich größeren Abständen anberaumt und abgehalten. Die Jurymitglieder sollten die Möglichkeit haben, sich intensiv mit der Arbeit der von ihren Kolleginnen und Kollegen nominierten Künstlerinnen, Künstler, Gruppierungen und kulturellen Einrichtungen auseinanderzusetzen.

Die Preisverleihung fand am Mittwochabend, 24. Mai, im Porsche Zentrum von Rudi Lins in Rankweil statt. Neben dem Hauptpartner der Vorarlberger Nachrichten, der Wiener Städtischen Versicherung Vorarlberg, sind die Unterstützer dieses Preises heuer nämlich fidesda GmbH, die Präg GmbH und die Rudi Lins GmbH & Co KG.

Für die Urkundengestaltung wurde die Schriftstellerin und bildende Künstlerin Gabriele Bösch von der Jury mit einem Auftrag betraut.

Preisträgerinnen und Preisträger

Der Hauptpreis geht an das Frauenmuseum Hittisau, die Anerkennungspreise gehen an das Ensemble plus und die Schauspielerin Vivienne Causemann.

Im Folgenden der Wortlaut der jeweiligen Jurybegründung:

Die Jury zum Frauenmuseum Hittisau: “Kunst und Kultur wirken vor allem sinnstiftend. Besonders deutlich wird diese Kraft in einer Institution, nämlich dem Frauenmuseum Hittisau. 

Es erfüllt in einem hohen Maß die wesentlichen Kriterien für die Vergabe dieses Kunst- und Kulturpreises. Dazu zählen die Entwicklung, die es sich seit der Gründung durch Elisabeth Stöckler mit großem Engagement zu erarbeiten hatte, die hohe Qualität der Projekte, deren thematische Relevanz, das Setzen von Impulsen, der Beitrag zur prosperierenden Kulturszene Vorarlbergs, das erfolgreiche Bemühen um Zugänglichkeit sowie die Strahlkraft innerhalb des Landes und weit nach außen. 

Die meisten Museen wurden von Männern gegründet und sind männlich bestimmt, weil die Männer ihre Museen oft als Trophäensammlung gesehen haben. Das Frauenmuseum Hittisau, seit 2009 geleitet von Stefania Pitscheider Soraperra, zeigt keine Trophäen, es zeigt neue Sichtweisen auf Werte für eine funktionierende Gesellschaft, die leider lange unterbewertet wurden. 

Diesen Aspekt sehen wir auch im Zusammenhang mit der guten Positionierung der Einrichtung im Museumsgefüge Vorarlbergs, dem – und das möchten wir besonders betonen – von den öffentlichen Förderungsgebern noch nicht entsprechend Rechnung getragen wird. 

Als einziges Frauenmuseum Österreichs handelt es sich beim Frauenmuseum Hittisau – trotz seiner geografischen Lage im Bregenzerwald – schon lange nicht mehr um ein regionales Museum, sondern es ist auch aufgrund seiner internationalen Vernetzung mit Frauenmuseen in aller Welt mit Institutionen wie dem Jüdischen Museum in Hohenems oder der inatura in Dornbirn gleichzusetzen.” 

Die Jury zum Ensemble plus: “Bei der Dichte hochwertigen Musizierens in Vorarlberg und der vielen hochklassigen Musikerinnen und Musikern, Ensembles und Orchester, Musikveranstalter, Festivals und Projekten, geriet ein Ensemble in den besonderen Fokus der Jury: Das 1997 aus Musikerinnen und Musikern des Symphonieorchesters Vorarlberg von Andreas Ticozzi gegründete Ensemble plus, das seit dem Jahr 2000 von Guy Speyers geleitet wird. 

Das Alleinstellungsmerkmal in der steten Entwicklung dieses Ensembles ist die konsequente Auseinandersetzung mit zeitgenössischer Musik und die kontinuierliche Vergabe von Kompositionsaufträgen. 

Damit verbunden sind zahlreiche Uraufführungen und die stetige Entwicklung von experimentellen Programmen. Insbesondere auch Vorarlberger Komponistinnen und Komponisten haben mit diesem ausgezeichneten Ensemble für Neue Musik einen Klangkörper, um ihre Ideen zum Klingen zu bringen. Nicht selten nach intensivem Austausch über Möglichkeiten der Realisierung und dem Ausloten von klanglichen Grenzbereichen. Verweisen möchten wir in diesem Zusammenhang an die erst jüngst erfolgte Aufführung des Werkes ,Solstices’ von Georg Friedrich Haas gemeinsam mit dem Walktanztheater, die im besonderen Rahmen bzw. mit einem vorgeschriebenen Beginn in völliger Dunkelheit in Dornbirn stattfand.

Wesentlich sind somit die Wirksamkeit des Ensemble plus in der Vorarlberger Musikszene sowie die starke Präsenz, die es der zeitgenössischen Musik gibt. Wesentlich sind auch seine genreübergreifenden Projekte, sein Suchen danach, dem Klang der Zeit Ausdruck zu geben und Hörgewohnheiten zu erweitern. Mit seinem Mitbauen an dem, was bleibt und mit seiner Leidenschaft erreicht das Ensemble plus mehr und mehr Menschen.”

Die Jury zu Vivienne Causemann: “Beim Nachdenken, welche Personen im Bereich der darstellenden Kunst in Vorarlberg herausstechen, gibt es eine junge Frau, die einem gleich in den Sinn kommt. Vivienne Causemann, seit 2019 Ensemblemitglied im Vorarlberger Landestheater und seitdem eine Bereicherung für die Vorarlberger Theaterszene. Die 27-Jährige macht jeden Theaterbesuch zu einem besonderen Erlebnis, denn sie gehört zu denjenigen Schauspielerinnen, die stets aufs Neue mit ihrer Wandelbarkeit, ihrer Eigenwilligkeit und einer verblüffenden Kunstfertigkeit faszinieren. Sie strahlt auf der Bühne ein Charisma aus, dass man ihr permanent zuschauen will, mitbekommen will, was sie als nächstes sagt oder tut und vor allem: wie sie es sagt oder tut. 

Mit dem Anerkennungspreis wollen wir das bereits jetzt schon reichhaltige Wirken von Vivienne Causemann würdigen und sie ermutigen, weiterhin konsequent ihren Weg zu gehen. Dass das Vorarlberger Landestheater dieses Talent in sein Ensemble bringen konnte, zeigt auch die Qualität dieser Institution. 

Wenn man nun auch noch mitbekommt, was Vivienne Causemann in ihrer spärlichen Freizeit – denn sie spielt in fast jeder Produktion des Landestheaters – sonst noch tut, dann steigt die Hochachtung nicht nur vor der Schauspielerin, sondern auch vor dem wachen politischen Geist der jungen Frau. Da hält sie bei Protestkundgebungen gegen eine menschenfeindliche Asylpolitik engagierte Reden, moderiert Klimadiskussionen oder spielt in ambitionierten Produktionen der freien Vorarlberger Performance- und Theaterszene mit.” 

Herzlichen Glückwunsch!

Christa Dietrich

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