Es wäre nicht überraschend, wenn das in Dornbirn gegründete Ensemble Unpop nun im Theater Kosmos in Bregenz die Bleibe findet oder: Maria Fliri als inspirierende Katze

Es wäre nicht überraschend, wenn das in Dornbirn gegründete Ensemble Unpop nun im Theater Kosmos in Bregenz die Bleibe findet oder: Maria Fliri als inspirierende Katze

Da war das Ensemble für unpopuläre Freizeitgestaltung (Unpop) wieder einmal schnell,  denn Erstaufführungsrechte von brauchbaren neuen Stücken – zumal sie auch noch preisgekrönt sind – reservieren sich große Häuser oft bevor überhaupt feststeht, ob sie den Text in ihr Programm bzw. auf ihre Bühne bringen. Für „Die Katze Eleonore“ gewann die deutsche Schriftstellerin Caren Jeß 2023 den Mülheimer Dramatiker*innen-Preis. Uraufgeführt wurde das Werk am Schauspiel Dresden, einige Bühnen haben es bereits nachgespielt. 

Caro Stark und Stephan Kasimir, die Unpop-Leiter, boten jüngst jedenfalls die Österreich-Premiere im Bregenzer Theater Kosmos.  Das Haus war voll besetzt und man kann davon ausgehen, dass das bei den Folgeaufführungen so bleiben wird. Warum? 

Die Antwort liegt auf der Hand: Abgesehen davon, dass jemand anderer zu sein, Zwängen und gesellschaftlichen Unzulänglichkeiten entfliehen zu können, eine Ursehnsucht berührt, kreist Jeß derart intelligent und humorvoll um die Themen Selbstvergewisserung und Selbstbefreiung, dass sich weder das Bild einer banalen Transformationsfantasie einschleichen kann, noch steht in diesem Monolog eine Person auf der Bühne, die sich über ihre Situation auskotzt. Dazu gibt es reichlich Stücke, Caren Jeß hat kein weiteres verfasst. „Die Katze Eleonore“ ist so etwas wie ihr von einiger Ironie durchwachsener Beitrag zur Philosophie der Selbstfindung. Er ist hochintellektuell und zutiefst berührend. Die Frau,  die sich da zur Katze transformiert, ist Immobilienmaklerin, somit darf aber auch von Gentrifizierung die Rede sein, von Geld und Macht und einem Lebensentwurf, der Eleonore Unabhängigkeit ermöglicht.  

Verdruss ist nicht das zentrale Motiv, das die Frau dazu treibt,  die Identität in aller Konsequenz zu wechseln. Es ist auch ein Austesten einer Grenzerfahrung und der Beweis eines Selbstbewusstseins. Das berücksichtigt bzw. betont zu haben, ist das große Plus in der Inszenierung von Stephan Kasimir sowie in der Rollengestaltung von Maria Fliri. Genussvoll lässt sie die Hände durch den Flor des Flokati gleiten, mit dem Ausstatterin Caro Stark Boden und Wand ausgekleidet hat, sie streift über den weichen Catsuit, den sie demnächst gegen das Kostüm tauschen wird, das Auflecken der Milch scheint ihr noch gar ein wenig lästig zu sein, für den Verzehr des Dosenfutters werden dann doch einfach wieder die Finger zur Hilfe genommen. Eleonore hat es sich gut eingerichtet als Mensch in ihrem Katzenleben und Maria Fliri trickst den räudig werdenden Therapeuten ebenso gewieft aus wie gelegentlich das Publikum. Etwas mehr sogar als es Caren Jeß in ihrem Text vorgesehen hat, die etwa mit dem Schwindel, der einst Eleonore zu schaffen macht und der nun auch die Katze befällt, dann ja doch noch die Annahme durchscheinen lässt, dass sich da jemand der Verantwortung des einzelnen Menschen als Teil einer funktionierenden Gesellschaft entziehen könnte.

In der Darstellung von Maria Fliri ist nichts lächerlich, nichts peinlich, nichts versüßlicht, nichts trivial katzenhaft und auch nichts absurd – alles ist durch und durch inspirierend. Sowohl in den Monologen, wie in den Dialogen, die sie zum Großteil allein (ohne Zuspielungen aus dem Off) zu bewältigen hat.

Den Schluss – anders als im Text – offen zu lassen,  erweist sich als weitere gute Regieentscheidung.  Und folgerichtig lässt Caro Stark ihr Flokati-Kratzbaum-Haus einfach wegkippen. Dahinter tut sich der Garten als großes Ungewisses auf, in das sich die nun ganz in den Fellanzug  gekleidete Katze Eleonore mit leuchtenden Augen stürzt. 

Weitere Aufführungen finden vom 29. Oktober bis zum 3. November im Theater Kosmos in Bregenz statt. 

Es wäre im Übrigen nicht überraschend, wenn das Ensemble Unpop, das in Dornbirn gegründet wurde, nun im Theater Kosmos in Bregenz eine Bleibe findet. Mit Maria Fliri konnten Stephan Kasimir und Caro Stark schon in den ersten Jahren eine der namhaften Schauspielerinnen des Landes engagieren. Man kennt sie aus Filmen und vor allem auch aus dem Ensemble dieheroldfliri.at, das sie mit der Regisseurin und Autorin Barbara Herold gründete und das mit der vor wenigen Monaten in Feldkirch uraufgeführten Produktion „Das Rote vom Ei“  (über das Selbstbestimmungsrecht von Frauen) nun ab 12. November im Wiener Kosmostheater gastiert.

Christa Dietrich

Szenenbilder von Caro Stark.

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