Die Neuentdeckung von Weinbergs Oper „Der Idiot“ steht in vielerlei Beziehungen zu den Bregenzer Festspielen

Die Neuentdeckung von Weinbergs Oper „Der Idiot“ steht in vielerlei Beziehungen zu den Bregenzer Festspielen

Beim Gespräch, das ich mit Vasily Barkhatov vor der Premiere seiner Inszenierung von Umberto Giordano Oper „Sibirien“ im vergangenen Sommer bei den Bregenzer Festspielen führte, war natürlich auch von seiner nächsten Arbeit in Österreich die Rede. Das Theater an der Wien hatte ihn für die Inszenierung der Oper „Der Idiot“ von Mieczyslaw Weinberg engagiert.

Die Wiederentdeckung dieses Komponisten ist zu einem beträchtlichen Teil dem Engagement des ehemaligen Festspiel-Intendanten David Pountney zu verdanken, der im Sommer 2010 die szenische Erstaufführung seiner Oper „Die Passagierin“ in Bregenz realisierte. Erzählt wird die Geschichte einer Auschwitz-Überlebenden nach der Novelle von Zofia Posmysz. Das Libretto stammt von Alexander Medwedew, der auch jenes für die Oper „Der Idiot“ verfasste, dem der gleichnamige, große Roman von Fjodor Dostojewsky zugrunde liegt.

Bekannt durch „Pu, der Bär“

Vasily Barkhatov kannte Mieczyslaw Weinberg (1919-1996) zuvor nur von der Musik der Zeichentrickserie „Pu, der Bär“. Politische Umstände hatten die Verbreitung des Werks von Weinberg beeinträchtigt. Als polnischer Jude floh er vor den Nationalsozialisten nach Russland, durchlitt aber auch im sowjetischen System Repressalien.

Während eine Aufführung der Oper „Die Passagierin“ in der Sowjetunion aus inhaltlichen Gründen überhaupt abgelehnt wurde (erst 2006 fand eine konzertante Uraufführung statt) kam im Jahr 1991 eine Kurzfassung von „Der Idiot“ in Moskau auf die Bühne. Die Uraufführung des gesamten Werks fand erst im Mai 2013 in Mannheim statt. Thomas Sanderling hatte sich für das Werk stark gemacht. Er übernahm auch die musikalische Leitung der Produktion mit dem RSO im Theater an der Wien.

Die für das Libretto eingedampfte Geschichte über die Möglichkeit oder Unmöglichkeit in einer Gemengelage aus Gier, Gewalt und fragwürdiger Ehre überleben zu können, verlegt  Barkhatov in einen Zugwaggon. Mit der vorbeiziehenden Landschaft hinter den leicht beschlagenen Fenstern wird er zum symbolträchtigen Setting, das ihm das Zusammenfügen verschiedener Zeitebenen erlaubt. Das psychologische Geflecht der Personen mit der zentralen Figur des Myschkin und der beiden Frauen Nastassja und Aglaja ist charakterlich spannend aufbereitet. 

Ein wenig erinnern die Aktionen auch an Vasilij Barkhatovs Inszenierung der selten gespielten Oper „Die Zauberin“ von Tschaikowski, deren Premiere im Dezember letzten Jahres in Frankfurt stattfand. Damals übernahm Asmik Grigorian die Titelrolle.

Übrigens: Der Großteil des Wiener Premierenpublikums zeigte sich jüngst auch nach herausfordernden vier Stunden begeistert. Weinbergs Leitmotive erzeugen ein anregendes Klangbild und das Ensemble agierte ungemein nuanciert.

Schade, dass die Produktionen des Theaters an der Wien (das wegen der Umbauarbeiten am historischen Gebäude in der ersten Spielzeit des Intendanten Stefan Herheim im Museumsquartier stationiert ist) immer nur eine kurze Laufzeit haben.

Bregenzer Festspielproduktion in Bonn

Übrigens: Die Festspielproduktion von Umberto Giordanos „Sibirien“, die in Bregenz nur drei Mal auf dem Programm stand, kam im März dieses Jahres ans Theater in Bonn und ist Anfang Juni noch zwei Mal dort zu sehen.

Christa Dietrich

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