Nicht nur das KUB wurde vor 25 Jahren eröffnet: Fondation Beyeler kombiniert zum Jubiläum Klassiker mit Duane Hanson
Ausstellungsmachern und Kunstfreunden in der Region bleibt das Jahr 1997 als jenes in Erinnerung, in dem sie in der Tat ordentlich in Bewegung gerieten. Im Austria-Pavillon in Venedig präsentierte Kurator Peter Weibel die Wiener Gruppe mit Friedrich Achleitner, Hans Carl Artmann, Konrad Bayer, Gerhard Rühm und Oswald Wiener. Die nur alle fünf Jahre stattfindende documenta in Kassel (es war die zehnte) wurde endlich von einer Frau geleitet, nämlich Catherine David, die sich allerdings nicht dazu durchringen konnte, die Zahl der mit Werken vertretenen Künstlerinnen zu erhöhen. Es blieb bei einem Anteil von etwa 20 Prozent. Aber gut, Lois Weinbergers damals errichtete Neophythen-Installation zählt mittlerweile zu den legendären documenta-Arbeiten. (Der Tiroler Künstler war später mehrmals mit Werken in Bregenz und Dornbirn vertreten.) In Vorarlberg, wo sich das kleine Magazin 4 in wenigen Jahren immerhin so aufstellte, dass es überregionale Beachtung fand, sah man in diesem Sommer einem Ereignis entgegen, mit dem man den Anschluss an die internationale Szene finden könnte, nämlich der Eröffnung des Kunsthaus Bregenz. Das Durchsetzungsvermögen von Gründungsdirektor Edelbert Köb, Kurator Rudolf Sagmeister, einem hellsichtigen Politiker wie Guntram Lins sowie der Architekt Peter Zumthor, nach dessen Plänen das Gebäude am Bodenseeufer errichtet wurde, schürten Hoffnungen, die sich bald erfüllten.
Mit Peter Zumthor lässt sich mittlerweile eine Institution in Verbindung bringen, die ebenfalls im Jahr 1997 an den Start ging, nämlich die Fondation Beyeler in Basel-Riehen. Das Hauptgebäude nach Plänen von Renzo Piano erweist sich als in den Park integriert, Zumthor hat ein Erweiterungsgebäude konzipiert, mit dem der Schweizer Architekt endlich auch in der Museumslandschaft seiner Heimat Spuren hinterlässt.
Schätze der Sammlung
Die Fondation Beyeler ist auch, aber nicht nur ein Ort der zeitgenössischen Kunst wie das KUB, im Fokus wird immer die Sammlung bleiben, die ihren Ruf den Klassikern der Moderne verdankt. Das heißt, den Werken von Monet, Picasso, Klee, Rousseau, Cézanne, van Gogh, Matisse, Bonnard oder Mirò und Kandinsky. Auch Vertreter der Pop-Art, Francis Bacon, Mark Rothko, Anselm Kiefer, Louise Bourgeois, Tacita Dean und Roni Horn werden mittlerweile nahezu selbstverständlich mit der Fondation Beyeler in Verbindung gebracht. Nachzuprüfen, ob es nicht nur Monets „Seerosenweiher“, sondern auch den „Hungrigen Löwen“ von Rousseau gerade wieder einmal zu sehen gibt, zählt zum beliebten Spiel der Sonderausstellungsbesucher. Zum Jubiläum braucht man nicht lange danach zu suchen. Nach Projekten mit Werken von Mondrian, Goya, Georgia O‘ Keeffe, Rodin, Edward Hopper oder Balthus kommt man den Leuten diesbezüglich entgegen und präsentiert die Highlights. Oft schon gesehen oder erstmals die Chance ergreifend, begegnet man also Cézanne, Rousseau, Mondrian, Kandinsky, Klee, Picasso, Warhol, Richter, Kiefer, Ernst, Brancusi Dubuffet, Bacon und so weiter, erfährt, dass Bonnards „La Source ou Nu dans la baignoire“ aus dem Jahr 1917, einem Sujet aus der langen Reihe der Badenden, zu den Neuerwerbungen zählt und trifft aber auch auf die relativ neuen Arbeiten von Marlene Dumas, jener Künstlerin, die gerade im Palazzo Grassi (neben der diesjährigen Biennale von Venedig) viel Aufmerksamkeit erfuhr.
Begründer des Hyperrealismus
Das ist noch lange nicht alles. Nachdem die letzte große Präsentation von Werken von Duane Hanson (1925-1996) in der Schweiz (damals im Kunsthaus Zürich) schon etwa zwanzig Jahre zurück liegt, bietet man bis 8. Jänner 2023 mit dem amerikanischen Bildhauer und Begründer des Hyperrealismus ein Programm, das konkret darauf ausgelegt ist, das breite Publikum ins Haus zu holen. Die Bauarbeiter in Hansons Installation „Lunchbreak“ mit den großformatigen Arbeiten von Anselm Kiefer aus Terrakottastücken, Schellack und Asche in Verbindung zu bringen, ist etwas weit hergeholt, aber die Philosophie und Poesie von Kiefer leidet schließlich nicht unter dem kulinarischen Angebot. Es setzt sich fort indem man die „Mutter mit Kind“ wie eine Museumsbesucherinnen neben Giacometti-Skulpturen postiert, den „Mann auf dem Rasenmäher“ bei Monets Seerosen auffahren lässt, das „Alte Paar auf der Bank“ zu Mark Rothko gesellt, einen Fensterputzer vor die Glaswand stellt oder einen Anstreicher am Eingang so installiert, als sei er noch bei der Arbeit, während neben ihm ein halb ausgepackter Picasso auf die Hängung wartet. Über ein Dutzend Skulpturen sind zu sehen, Duane Hansons Ringen um die realistische Darstellung von Arbeitern, älteren Menschen, Männern und Frauen in Alltagssituationen, spielenden Kindern, Wartenden, von Diskriminierten, aber auch von Gewalt und Rassismus hat ihn auch zu einem wichtigen Vertreter der sozialkritischen Kunst gemacht.
Nachdem die documenta bereits Erwähnung fand, sei angeführt, dass Duane Hanson dort bereits im Jahr 1972 vertreten war. Es war die documenta 5, die von Harald Szeemann kuratiert wurde, die als eine der wichtigsten gilt und die der Befragung der Realität gewidmet war. Damals begann auch die internationale Karriere des Vorarlberger Bildhauers und Konzeptkünstlers Gottfried Bechtold (geb. 1947), der sich mit der Arbeit „100 Tage Anwesenheit in Kassel“ in die Geschichte der Weltkunstschau einschrieb.
Christa Dietrich