Mit „Ragazzi del Mondo. Nur eine Welt“ ist das Aktionstheater, das es immer schon sehr gut verstanden hat, die Finger in die Wunden zu legen, über sich hinausgewachsen

Mit „Ragazzi del Mondo. Nur eine Welt“ ist das Aktionstheater, das es immer schon sehr gut verstanden hat, die Finger in die Wunden zu legen, über sich hinausgewachsen

„Wir müssen schon mal in die Gänge kommen“ lautet einer der letzten Sätze im neuen Stück „Ragazzi del Mondo. Nur eine Welt“ des Aktionstheater Ensembles. Wie diese Theatergruppe unter der Leitung des Regisseurs Martin Gruber und des Dramaturgen Martin Ojster in die Gänge kommt, wühlt auf und ist für jene im Besonderen ergreifend, die die letzte (im Dezember in Vorarlberg und im Jänner in Wien aufgeführte) Produktion „Wir haben versagt“ gesehen hatten. Was kann auf diese Selbstanklage angesichts des politischen Rechtsrucks bzw. nach der reflexiven (und zudem niemals sich selbst überschätzenden) Auseinandersetzung mit jahrzehntelanger Theaterarbeit überhaupt noch folgen? Antwort: Dieses Stück! (Das nun in Wien und demnächst in Bregenz zu sehen ist.)

Eine kurze Bemerkung dazu: Schon der Stücktext (der wiederum von Martin Gruber unter Mitwirkung des gesamten Ensembles verfasst wurde) überzeugt in seiner Konsequenz, in der die zentralen Themen, nämlich der Umgang miteinander trotz unterschiedlicher Positionen sowie die Diskrepanz zwischen schmerzhaften Aspekten im privaten Alltag und erschütternder weltpolitischer Lage fokussiert wird. Die Umsetzung ist Aktionstheater per se: Laut, offensiv, ehrlich, direkt und mit ungemein vielen und ungemein klug gebrochenen Klischees. Die Beats von Andreas Dauböck und Pete Simpson lassen die Bühne und die Tribüne vibrieren während Zeynep Alan, Isabella Jeschke, Thomas Kolle, Kirstin Schwab und Benjamin Vanyek Wesentliches versuchen, nämlich einander auszuhalten. Dass die auch konkret angesprochene Authentizität dabei erfahrbar bleibt, obwohl man mit einer regelrechten Schlammschlacht konfrontiert wird, zählt zum Besonderen an der Ästhetik des Aktionstheaters. 

Und: Besonders in der Behandlung von Waffenbesitz und Gewalt in „Ragazzi del Mondo. Nur eine Welt“ ist das Aktionstheater, das es immer schon sehr gut verstanden hat, die Finger in die Wunden zu legen, über sich hinausgewachsen.  

Weitere Aufführungen bis 15. Juni in Wien und vom 26. bis 29. Juni im Rahmen des Festivals Bregenzer Frühling in Vorarlberg. 

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